Alpine Smart Farming steht im Zentrum einer tiefgreifenden Transformation der Schweizer Landwirtschaft. Die Einführung von Präzisionstechnologien in den einzigartigen, oft kleinflächigen und steilen Bergregionen stellt eine immense Herausforderung dar, bietet aber gleichzeitig die Chance für nie dagewesene Effizienz und Nachhaltigkeit. Die traditionellen Bewirtschaftungsformen in den Alpen sind geprägt von extremen Bedingungen, von Wetterkapriolen bis hin zu schwer zugänglichem Gelände, was manuelle Arbeit zeitraubend und kostenintensiv macht. Innovative Lösungen wie Drohnen zur Feldanalyse, spezialisierte Roboter für die Ernte und das Weide-Management sowie IoT-Sensoren zur präzisen Erfassung von Boden- und Klimadaten sind keine ferne Zukunftsmusik mehr, sondern werden schrittweise in den Alltag der Bergbauern integriert. Dies ist ein notwendiger Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit und die ökologische Bilanz der Berglandwirtschaft langfristig zu sichern, denn der globale Markt für Präzisionslandwirtschaft wird laut Schätzungen bis 2034 einen Wert von über 30 Milliarden US-Dollar erreichen. Die Schweiz, mit ihren hohen Ansprüchen an Qualität und Nachhaltigkeit, ist hier gefordert, eigene, robuste Lösungen zu entwickeln. Darüber berichtet die Redaktion von nume.ch.
Präzisionstechnologien als Antwort auf alpine Herausforderungen
Die Anwendung von Technologien des Precision Farming in der Bergregion erfordert eine spezielle Herangehensweise, die sich grundlegend von der Landwirtschaft in der Ebene unterscheidet. Die Topografie, die kleinen Parzellen und die heterogenen Bodenverhältnisse erfordern extrem angepasste und flexible Systeme. Es geht nicht darum, grosse, standardisierte Maschinen einzusetzen, sondern vielmehr um die Skalierung von Präzision auf die kleinste Einheit. So kommen beispielsweise spezialisierte Drohnen zum Einsatz, die nicht nur Bilder für die Vegetationsanalyse liefern, sondern auch bei der punktuellen Aussaat oder der gezielten Unkrautbekämpfung helfen können. Forschungen von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, zeigen, dass durch den gezielten Einsatz smarter Technologien, wie zum Beispiel bei Stickstoffdüngung, die Stickstoffüberschüsse in den Jahren 2022 und 2023 im Durchschnitt um 22% reduziert werden konnten, ohne dabei die Erträge zu mindern. Dieser Erfolg unterstreicht das immense Potenzial der Digitalisierung für eine ressourcenschonendere Bewirtschaftung.
Die Hauptanwendungsgebiete für Smart Farming in der alpinen Landwirtschaft sind vielfältig und entscheidend für die Optimierung der Betriebsabläufe:
- Überwachung der Weideflächen mittels Drohnen und Satellitendaten zur besseren Futterplanung
- Gezielte Bewässerung und Düngung von Sonderkulturen auf steilen Hängen durch IoT-Sensoren
- Automatisierung des Melkens und Fütterns in Ställen, wobei in der Schweiz bereits über 3000 Melkroboter im Einsatz sind
- Erkennung und Rettung von Wildtieren (wie Rehkitzen) vor der Mahd mit Wärmebild-Drohnen
- Präzise Erfassung von Bodenparametern (pH-Wert, Nährstoffe) zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung
IoT in Mountain Agriculture: Sensoren als die stillen Helfer der Bergbauern
Das Internet der Dinge, oder IoT, spielt eine tragende Rolle bei der Bewältigung der logistischen und ökologischen Herausforderungen in der Berglandwirtschaft. Winzige, batteriebetriebene Sensoren, die im Boden, an Pflanzen oder in Ställen platziert werden, sammeln in Echtzeit Daten über Mikroklima, Bodenfeuchtigkeit, Nährstoffgehalt und Tiergesundheit. Diese Informationen werden über drahtlose Kommunikationssysteme wie LoRaWAN, das Reichweiten von bis zu zehn Kilometern ermöglicht, an Cloud-Plattformen gesendet. Das erlaubt den Landwirten, Entscheidungen nicht mehr intuitiv, sondern datengestützt zu treffen, was zu einer massiven Reduzierung des Ressourcenverbrauchs führt. Der Hardware-Sektor im globalen Precision-Farming-Markt, zu dem diese Sensoren gehören, hatte 2024 bereits einen Marktanteil von über 55% und wird voraussichtlich weiter exponentiell wachsen. Schweizer Startups wie Vivent, die sich auf die Entschlüsselung von Pflanzensignalen mithilfe von künstlicher Intelligenz spezialisiert haben, tragen massgeblich dazu bei, dieses Potenzial auszuschöpfen.

Einige der wichtigsten Sensortechnologien und ihre Vorteile für die Bergbauern:
| Technologie | Nutzen für die Berglandwirtschaft |
| Bodensensoren | Präzise Messung der Bodenfeuchtigkeit und Temperatur, Vermeidung von Trockenstress. |
| Wetterstationen (Mikroklima) | Genaue lokale Vorhersagen, Optimierung von Spritz- und Erntezeitpunkten. |
| Pflanzen- oder Blattfeuchtesensoren | Früherkennung von Krankheiten und Schädlingsbefall, Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. |
| Tier-Monitoring (Halsbänder, Chips) | Gesundheitsüberwachung, effizientere Weideführung und frühe Krankheitsdiagnose. |
| GPS/GNSS-Empfänger | Hochpräzise Ortung für automatische Lenksysteme auf kleinen Parzellen. |
Swiss AgriTech Startups als Innovationsmotoren
Die Schweizer AgriTech-Szene ist überraschend agil und spezialisiert sich zunehmend auf Lösungen für die anspruchsvollen Bedingungen der alpinen Landwirtschaft. Diese jungen Unternehmen reagieren auf die spezifischen Bedürfnisse der Bergbauern, die oft mit kleinen Budgets und schwerer Zugänglichkeit kämpfen. Viele dieser Startups profitieren von der engen Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) und Agroscope. Ein Beispiel ist das Engagement in der Entwicklung kleiner, autonomer Roboter, die für das steile und unebene Gelände der Bergwiesen konzipiert sind. Im Gegensatz zu den grossen Maschinen der industriellen Landwirtschaft konzentrieren sich diese Innovationen auf leichte Bauweise, hohe Manövrierfähigkeit und extreme Präzision. Dies ist entscheidend, da das durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzland pro Betrieb in der Schweiz bei vergleichsweise geringen 22 Hektar liegt.
Die folgenden Bereiche werden massgeblich von Schweizer AgriTech Startups vorangetrieben:
Roboter und Automatisierung für steile Hänge
Spezialisierte Roboterlösungen minimieren die körperliche Belastung der Bergbauern und steigern die Präzision. Sie können autonom Unkraut jäten, gezielt sprühen oder bei der Futterernte unterstützen, wodurch der Einsatz von Herbiziden, wie von ecoRobotix entwickelt, um bis zu 90% reduziert werden kann. Die Herausforderung besteht hier in der Entwicklung von Geräten, die auch bei grossen Steigungen und unter schwierigen Bodenbedingungen stabil und sicher arbeiten. Die Automatisierung der Arbeitsprozesse im Stall ist bereits weit fortgeschritten, doch das Potenzial auf der Weide und im Ackerbau der Bergregionen ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Datenanalyse und Künstliche Intelligenz
Die von Drohnen und IoT-Sensoren gesammelten riesigen Datenmengen – das sogenannte Big Data – sind ohne ausgeklügelte Software wertlos. Schweizer Startups entwickeln daher KI-gestützte Plattformen, die diese Daten in umsetzbare Empfehlungen für die Landwirte umwandeln. Dies reicht von der Optimierung der Nährstoffkreisläufe bis hin zur Vorhersage von Erntezeitpunkten. Durch präzise Analysen können Landwirte in den Bergregionen ihre knappen Ressourcen optimal nutzen und die Umwelteinflüsse ihrer Bewirtschaftung signifikant reduzieren.
Die Digitalisierung ist ein unverzichtbarer Wegbereiter für eine nachhaltigere und wirtschaftlich tragfähigere Zukunft der Berglandwirtschaft. Durch die konsequente Adaption und Weiterentwicklung von Technologien wie Alpine Smart Farming, IoT-Sensoren und spezialisierten Robotern können Schweizer Bergbauern die einzigartigen Herausforderungen ihres Terrains meistern. Die enge Verzahnung von Forschung, innovativen Swiss AgriTech Startups und der Praxis auf dem Bergbauernhof schafft die Grundlage für eine präzisere und ressourcenschonendere Nahrungsmittelproduktion, die den hohen ökologischen Standards der Schweiz gerecht wird. Die Investition in diese Technologien ist eine Investition in die Sicherung der alpinen Kulturlandschaft und der regionalen Versorgung.
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