Der Zürcher Gemeinderat hat am ersten Tag der Budgetberatung eine weitreichende Entscheidung zur Wohnpolitik getroffen und beschlossen, im kommenden Jahr insgesamt 600 Millionen Franken für den Erwerb von Liegenschaften bereitzustellen, berichtet Nume.ch mit Verweis auf Watson.ch. Die Diskussion dominierte die Sitzung, da die Parteien kontrovers darüber stritten, wie stark sich die Stadt künftig beim Ankauf von Wohnraum engagieren soll.
SP, Grüne und AL setzten sich mit knapper Mehrheit gegen die bürgerlichen Fraktionen durch und erhöhten den vom Stadtrat vorgeschlagenen Rahmen von 500 Millionen Franken. Die GLP wollte eine Reduktion auf 350 Millionen Franken, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Zusätzliche Brisanz erhielt die Debatte, nachdem der Stadtrat erst kürzlich eine jährliche Investitionslimite von 1,5 Milliarden Franken beschlossen hatte.
Postulate und Zusatzforderungen der Parteien
Das Parlament befasste sich parallel mit drei Postulaten von SP und FDP. Die SP verlangte, dass der Stadtrat bei der langfristigen Investitionsplanung ebenfalls von jährlich 600 Millionen Franken für Liegenschaftskäufe ausgeht und diese Summe konsequent ausschöpft. Die Forderungen erhielten 64 Stimmen, unterstützt auch von der parteilosen Sanija Ameti. Die FDP forderte hingegen einen vollständigen Stopp städtischer Immobilienkäufe, unterlag jedoch mit 45 zu 79 Stimmen.
SP-Vertreter argumentierten, die Stadt müsse ihre gute Finanzlage nutzen, um möglichst viele günstige Wohnungen zu sichern. Liegenschaftskäufe würden stabile Einnahmen sichern und den Wert des Bodens steigern. Grüne und AL verwiesen zudem darauf, dass diese Käufe ein wichtiger Schritt seien, um das Drittelziel beim gemeinnützigen Wohnraum zu erreichen, warnten aber vor begrenztem Angebot und der Notwendigkeit weiterer Massnahmen.
Kritik von FDP, SVP und Mitte/EVP
Die bürgerlichen Parteien kritisierten das Vorgehen scharf. Sie warnten, dass die staatlichen Käufe die Preise weiter treiben könnten und die Strategie in ein finanzielles Risiko führe. Johann Widmer (SVP) bezeichnete die Politik als «finanzielle Masslosigkeit», während Përparim Avdili (FDP) von Realitätsverweigerung sprach. Vertreter der Mitte mahnten zudem, dass auf dem Markt kaum genügend geeignete Objekte verfügbar seien und Fehlkäufe drohten.
Position des Finanzvorstehers und bisherigen Kaufvolumens
Finanzvorsteher Daniel Leupi zeigte sich zurückhaltend gegenüber einer jährlichen Fixierung des 600-Millionen-Budgets. „Es ist nicht schlau, eine Aufgabe derart zu priorisieren“, betonte er. Nicht jeder Kauf sei wirtschaftlich sinnvoll, und es tätigten auch Genossenschaften sowie die Stiftung PWG regelmäßig Erwerbungen. Im laufenden Jahr belaufen sich die tatsächlichen Käufe auf 275 Millionen Franken, von denen rund 124 Millionen auf ein Immobiliengeschäft aus dem Jahr 2018 mit der damaligen Credit Suisse entfallen. 2024 erreichte das Kaufvolumen mit 472 Millionen Franken einen historischen Höchststand.
Sicherheit, Personal und Polizeistrategien
Neben der Wohnpolitik behandelte der Gemeinderat auch Budgetfragen im Sicherheitsbereich. Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart beantragte 17 zusätzliche Stellen für die Stadtpolizei, wovon das Parlament neun bewilligte. Linke Stimmen wiesen darauf hin, dass Zürich bereits eine hohe Polizeidichte habe und Konflikte nicht allein durch mehr Personal gelöst werden könnten. Die Polizei versucht, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, u.a. durch eine TikTok-Kampagne und gelockerte Aufnahmebedingungen.
AL und Grüne schlugen zudem vor, bei Demonstrationen und Grossveranstaltungen weniger Polizei einzusetzen, um die Arbeitslast zu reduzieren. Die Mehrheit des Gemeinderats stimmte dem Postulat mit 64 zu 61 Stimmen zu. Bürgerliche Vertreter kritisierten dies als riskant für die Sicherheit.
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