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Die Schweizer Autorin Dorothee Elmiger ist die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2025. Wie aus dem offiziellen Pressemitteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels hervorgeht, wurde der Preis am 13. Oktober 2025 in der Frankfurter Paulskirche verliehen – traditionell am Vorabend der Frankfurter Buchmesse, die am 14. Oktober offiziell eröffnet wurde.

Der Deutsche Buchpreis zählt zu den prestigeträchtigsten Literaturauszeichnungen im deutschsprachigen Raum und ist mit 25 000 Euro dotiert. Vergeben wird er von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins, unterstützt von der Deutschen Welle, der Frankfurter Buchmesse und der Stadt Frankfurt am Main. Ziel der Auszeichnung ist es, jährlich den besten deutschsprachigen Roman zu würdigen und so der Gegenwartsliteratur internationale Sichtbarkeit zu verschaffen, berichtet Nume.ch unter Berufung auf den offiziellen Pressebericht.

Dorothee Elmiger aus der Schweiz gewinnt Deutschen Buchpreis 2025 auf der Frankfurter Buchmesse

Ein Roman über die Grenzen von Realität und Fiktion

Elmiger erhielt den Preis für ihren Roman „Die Holländerinnen“, der von der Jury als „ein Ereignis“ bezeichnet wurde. Der Text sei, so das Urteil, „ein faszinierender Trip ins Herz der Finsternis – formal kühn, literarisch präzise und inhaltlich von beunruhigender Tiefe“.

Das Werk erzählt von einer Theatergruppe, die in den südamerikanischen Regenwald reist, um eine Performance über das Verschwinden zweier holländischer Backpackerinnen vorzubereiten. Doch das Projekt gerät ausser Kontrolle: Die Gruppe verliert sich in der Wildnis und in ihren eigenen Obsessionen. Der Roman verwischt die Grenze zwischen Dokumentation und Wahn, Realität und Traum – und wird so zu einer Meditation über Wahrheit, Erzählung und Macht.

Die Jury lobte insbesondere Elmigers Fähigkeit, „das Unheimliche des modernen Bewusstseins literarisch zu gestalten“.

Die Autorin zwischen Schweiz und New York

Dorothee Elmiger, geboren 1985 in Wetzikon (Kanton Zürich), gehört zu den wichtigsten Stimmen der jungen Schweizer Literatur. Sie studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und an der Hochschule der Künste Bern, später auch in New York, wo sie heute lebt und arbeitet.

Bereits ihr Debütroman „Einladung an die Waghalsigen“ (2010) wurde mit dem Aspekte-Literaturpreis und dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet. Es folgten „Schlafgänger“ (2014) und „Aus der Zuckerfabrik“ (2020), die beide für den Deutschen Buchpreis nominiert waren. Ihr Stil gilt als poetisch, vielschichtig und zugleich radikal analytisch.

Elmiger beschäftigt sich in ihren Werken mit Fragen von Erinnerung, Kolonialismus, Identität und Macht – immer mit einer sensiblen, fast musikalischen Sprache. Ihr literarischer Ton wird oft mit Autoren wie Peter Handke oder Elfriede Jelinek verglichen, bleibt aber unverwechselbar eigenständig.

Die Shortlist und die starke Konkurrenz

Für den Deutschen Buchpreis 2025 sichtete die Jury 229 Romane, die zwischen Oktober 2024 und Mitte September 2025 erschienen.
Die Longlist umfasste 20 Titel, die dann auf sechs Finalisten reduziert wurden. Neben Elmiger standen im Finale:

  • Kaleb Erdmann: „Die Ausweichschule“ (park x ullstein)
  • Jehona Kicaj: „ë“ (Wallstein Verlag)
  • Thomas Melle: „Haus zur Sonne“ (Kiepenheuer & Witsch)
  • Fiona Sironic: „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft“ (Ecco Verlag)
  • Christine Wunnicke: „Wachs“ (Berenberg Verlag)

Jurysprecherin Laura de Weck, selbst Regisseurin und Autorin, betonte:

„Jede Lektüre auf der Shortlist ist ein Befreiungsschlag – eine Einladung, anders zu denken, anders zu fühlen, anders zu lesen.“

Die Jury bestand aus sieben Mitgliedern aus dem deutschsprachigen Raum, darunter Kritiker, Verleger und Autoren.

Der Deutsche Buchpreis als kulturelles Signal

Der Deutsche Buchpreis wird seit 2005 verliehen und hat sich zu einem wichtigen Gradmesser literarischer Qualität entwickelt. Er richtet sich an deutschsprachige Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Preis markiert den feierlichen Auftakt der Frankfurter Buchmesse, die jährlich über 250 000 Besucher anzieht.

Die Veranstaltung 2025 stand im Zeichen des Dialogs zwischen Kunst, Politik und Gesellschaft – ein Thema, das auch Elmigers Roman aufgreift.

Im vergangenen Jahr (2024) erhielt Martina Hefter die Auszeichnung für ihren Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“.

Hintergrund: Ein Preis zwischen Literatur und Öffentlichkeit

Der Deutsche Buchpreis verfolgt ein doppeltes Ziel: Er soll einerseits literarische Qualität fördern, andererseits die Lesekultur in der Gesellschaft stärken. Dank der medialen Reichweite – von ZDF und ARD bis zu internationalen Plattformen – erreicht der Preis jedes Jahr Millionen von Lesern.

Für Autorinnen wie Dorothee Elmiger bedeutet die Auszeichnung nicht nur Anerkennung, sondern auch einen entscheidenden Karriereschub. Nach Angaben des Börsenvereins steigen die Verkaufszahlen der Siegerbücher im Durchschnitt um bis zu 400 Prozent in den Wochen nach der Preisverleihung.

Über den Roman „Die Holländerinnen“ – ein literarisches Experiment zwischen Realität und Fiktion

Dorothee Elmigers Roman „Die Holländerinnen“ ist ein vielschichtiges, atmosphärisch dichtes Werk, das sich zwischen Dokumentation, Essay und Fiebertraum bewegt. Ausgangspunkt ist eine Theatergruppe, die in den Regenwald Südamerikas reist, um eine Performance über zwei junge holländische Backpackerinnen zu entwickeln, die dort Jahre zuvor spurlos verschwanden. Was als künstlerisches Projekt beginnt, wird bald zu einer existenziellen Expedition – in die Dunkelheit der Natur und in die Schattenzonen des eigenen Bewusstseins.

Elmiger nutzt eine indirekte Erzählform, die wie ein Echo aus verschiedenen Stimmen klingt. Die Erzählerin, selbst Autorin und Beobachterin, berichtet in einer Art Poetikvorlesung von ihrer Reise, ihren Zweifeln, den Spannungen in der Gruppe und dem allmählichen Auseinanderbrechen der Realität. Die Handlung verläuft fragmentarisch und essayistisch, immer wieder durchzogen von Reflexionen über Kunst, Kolonialgeschichte, Körper und Erinnerung.

„Manchmal war es, als hätte der Wald uns verschluckt. Nicht nur die Wege, auch die Sprache löste sich auf.“
– Dorothee Elmiger, Die Holländerinnen

Dieser Satz steht exemplarisch für den Stil der Autorin: präzise, sinnlich, aber distanziert, voller Zwischentöne. Elmiger schreibt nicht linear, sondern in Wellen – ihre Sprache tastet, wiederholt, dekonstruiert. Der Text wirkt wie ein Spiegel des Unbewussten, in dem sich Realität und Fiktion, Wissenschaft und Wahn, Kunst und Gewalt überlagern.

Kritiker beschrieben das Werk als „ein literarisches Ritual der Entgrenzung“ (Neue Zürcher Zeitung) und als „eine Expedition in die Wahrnehmung selbst“ (Süddeutsche Zeitung). Die Jury des Deutschen Buchpreises nannte den Roman „ein Ereignis, das zeigt, wie Literatur die Wirklichkeit nicht abbildet, sondern aufsprengt“.

Im Kern stellt „Die Holländerinnen“ die Frage, was bleibt, wenn man jede Erzählung verliert – und ob das Erzählen selbst eine Form des Überlebens sein kann.

Ein Moment für die Schweizer Literatur

Mit Elmigers Sieg rückt die Schweizer Gegenwartsliteratur erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Nach Lukas Bärfuss (2019) und Kim de l’Horizon (2022) ist sie bereits die dritte Schweizer Gewinnerin innerhalb eines Jahrzehnts.

Ihre Stimme steht für eine neue Generation von Autorinnen, die intellektuell präzise, aber zugleich emotional kraftvoll schreiben. Der Erfolg von „Die Holländerinnen“ zeigt, dass deutschsprachige Literatur auch global Resonanz finden kann – zwischen Zürich, Frankfurt und New York.

Bleiben Sie informiert – Relevantes. Jeden Tag. Lesen Sie, worum es heute wirklich geht – in der Schweiz und der Welt: Schweiz auf der Frankfurter Buchmesse 2025 – Autoren, Programm, Orte und neue Ideen

Foto von © Christof Jakob/boersenverein.de/

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