Er ist älter als der Nationalfeiertag. Tiefer verwurzelt als viele der neuzeitlichen Rituale. Und doch ist der Johannistag, der in der Schweiz wie in vielen Teilen Europas am 24. Juni gefeiert wird, weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Vielleicht gerade deshalb lohnt ein genauer Blick: Denn wer zwischen Feuer, Wasser und grünem Kräuterschweigen steht, erkennt, wie tief die Natur im Rhythmus der Kultur mitschwingt – berichtet NUME.ch.
Die stille Glut des Johannisfeuers
Feuer auf Hügeln, tanzende Schatten, junge Menschen, die Hand in Hand über die Glut springen – all das war einst auch in der Schweiz üblich. Johannisfeuer, entzündet in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni, gehörten bis ins 19. Jahrhundert hinein zu den meistgepflegten Ritualen im Alpenraum.
Im Tessin wie in Graubünden wurden brennende Scheiben geschleudert, Walnüsse gesammelt, der Himmel beobachtet. In katholischen Kantonen segnete man das Feuer. Es galt als Schutz vor Unwetter, Seuchen und bösen Geistern – aber auch als Kraftquelle für die kommende Ernte. Die Glut wurde symbolisch in den Alltag getragen.
Heute lodert dieses Feuer nur noch vereinzelt: in Klostergemeinschaften, auf abgelegenen Almhöfen oder in Kirchgemeinden wie der Zürcher Predigerkirche, wo noch jedes Jahr ein kleines Johannisfeuer im Innenhof entzündet wird – mit Lesung, Musik und Meditation.
Tau, Kräuter und das Schweigen der Nacht
Die Nacht zum Johannistag war mehr als ein Fest: Sie war eine Schwelle. Im bäuerlichen Kalender markierte sie den Beginn des reifen Sommers – wenn das Heu trocken war, das Vieh ruhig, die Tage wieder kürzer wurden.
- Frauen pflückten Johanniskraut in der Dämmerung – gegen Depression, für Klarheit.
- Jungburschen rührten Tauwasser in Brotteig – ein altes Zeichen für Fruchtbarkeit.
- Kinder liefen barfuß durch den Tau, um gesund zu bleiben.
- In einigen Dörfern im Tessin wurde schweigend gebadet – in Bächen oder Seen, zur inneren Reinigung.
Nichts davon war laut. Alles hatte seinen Platz im sozialen Gefüge: Nicht als Spektakel, sondern als Rückbindung – an Zeit, Erde, Kreislauf.
Was blieb – und was verloren ging
Der Johannistag wurde im 20. Jahrhundert zunehmend durch den 1. August verdrängt – vor allem als öffentliche Feuer immer stärker in den Dienst nationaler Identität gestellt wurden. Die Symbolik des Lichts, die früher auf Johannes den Täufer und die Sommersonnenwende verwies, wurde säkularisiert.
Doch in ländlichen Gegenden, in Klöstern, bei Naturheilkundigen und in der Wasserliturgie mancher reformierter Kirchen lebt er weiter – wenn auch oft ohne Namen.
„Es ist kein Feiertag im Kalender, aber ein fester Tag in mir“, sagte eine ältere Frau aus dem Kanton Glarus, die jedes Jahr am 24. Juni frühmorgens Kräuter pflückt und still in den See steigt.
Orte, an denen noch etwas leuchtet – Johannistag in der Schweiz 2025
Am Montagabend, den 23. Juni 2025, entzünden auch in der Schweiz einige Gemeinden, Kirchen und private Initiativen wieder Johannisfeuer oder begehen Rituale rund um den Johannistag am Dienstag, 24. Juni 2025.
Hier eine aktualisierte Übersicht mit Datum, Ort und Adresse, sortiert nach Region:
Region / Kanton Ort / Anlass Datum & Zeit Adresse / Kontakt Zürich Johannisfeuer & Lesung, Predigerkirche 23. Juni 2025, 19:00 Predigerkirche, Zähringerplatz, 8001 Zürich Tessin – Bellinzona Kräuterwanderung & stilles Tau-Ritual 24. Juni 2025, morgens Treffpunkt: Piazza Collegiata, 6500 Bellinzona Graubünden – Domleschg Wasserzeremonie, Walnusssammeln, Feuer 23. Juni 2025, abends Schloss Ortenstein, 7414 Fürstenau Ostschweiz – Appenzell Jugendfeuer auf Dorfwiese, Musik 23. Juni 2025, 20:00 Dorfplatz, 9050 Appenzell Kloster Hauterive (FR) Internes Johannisfeuer & Lichtliturgie 24. Juni 2025, 18:00 Route de l’Abbaye 21, 1725 Posieux Luzern – Entlebuch Johannistag im Kräutergarten, Führung & Tee 24. Juni 2025, 10:00 Kräuterzentrum, Dorfstrasse 7, 6162 Finsterwald

Ein stiller Tag, der nichts verlangt – und gerade deshalb bleibt.
Der Johannistag stellt keine Forderungen. Er will nicht unterhalten, nicht beeindrucken und nicht gedeutet werden. Er gehört zu jenen Tagen, die nicht durch ihre Sichtbarkeit Bedeutung erhalten, sondern durch ihre Beständigkeit. Abseits öffentlicher Aufmerksamkeit wird er mancherorts noch begangen – im kleinen Kreis, im Licht eines Feuers, im stillen Gang durch taunasses Gras.
Vielleicht ist genau das seine Stärke: Dass er nicht laut ist und keine Botschaft trägt, sondern einfach stattfindet. Jedes Jahr. Ohne Einladung, ohne Programm, ohne Agenda.
In einer Zeit, in der vieles beschleunigt, kommentiert und vermarktet wird, wirkt dieser Tag fast wie ein Anachronismus. Und doch erinnert er daran, dass es Momente gibt, in denen es genügt, anwesend zu sein. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.
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