Die Debatte um die Erbschaftssteuer spaltet die Schweiz – und nun mischt sich auch die Spitze der Sozialdemokratie mit voller Wucht ein. Erstmals erklären Mattea Meyer und Cédric Wermuth, Co-Präsident:innen der SP, ihre uneingeschränkte Unterstützung für die umstrittene Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialist:innen (Juso). Während Wirtschaftsverbände vor einem „Angriff auf Familienunternehmen“ warnen und bürgerliche Parteien den Klassenkampf heraufbeschwören, spricht die SP von einem Akt sozialer Gerechtigkeit und einer längst überfälligen Reform des Schweizer Steuersystems. Über den Kurswechsel der Sozialdemokratie und die wachsenden Spannungen im politischen Zentrum berichtet nume.ch unter Berufung auf bazonline.ch.
Steuer auf Milliardenerbschaften
Die Initiative zielt auf die Superreichen: Nur Erbschaften, die 50 Millionen Franken übersteigen, sollen künftig zur Hälfte besteuert werden. Der Ertrag soll in den Klimaschutz und in Massnahmen gegen soziale Ungleichheit fliessen.
„Diese Initiative liegt uns am Herzen“, sagt Mattea Meyer. „Sie greift zwei zentrale Fragen unseres Jahrhunderts auf: die wachsende Ungleichheit, bei der wenige Superreiche immer grössere Vermögen anhäufen, und die Frage, wie wir die Klimakrise bewältigen. Beides hängt zusammen.“
Auch Cédric Wermuth spricht von einer „dringend notwendigen Korrektur“:
„Ein Prozent der Reichsten besitzen 45 Prozent der Vermögen, während die unteren zwei Drittel nur drei Prozent halten. Dieses Missverhältnis gefährdet Wirtschaft, Klima und Demokratie.“
Angst vor Abwanderung der Reichen
Kritiker warnen, dass eine solche Steuer den Wirtschaftsstandort Schweiz schwächen und vermögende Familien zur Abwanderung bewegen könnte. Eine vom Bund in Auftrag gegebene Studie prognostiziert sogar Steuerausfälle, falls Reiche ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen.
Meyer hält dagegen: „Das ist die klassische Drohkulisse bürgerlicher Politiker. Aber ich kann Sie beruhigen: Das wird so nicht eintreffen. In Norwegen wurde die Vermögenssteuer für Reiche sukzessive erhöht – und der Staat hat heute höhere Einnahmen als vorher.“
Wermuth ergänzt: „Wir freuen uns über alle, die in die Schweiz kommen und unsere Spielregeln akzeptieren. Eine davon ist die direkte Demokratie. Wollen wir uns wirklich von einer kleinen Millionärsminderheit erpressen lassen, die versucht, mit ihrem Geld demokratische Volksentscheide auszuhebeln?“
Schutz für Familienunternehmen
Ein häufiger Vorwurf lautet, die Initiative gefährde Familienbetriebe. Unternehmer wie Peter Spuhler, Eigentümer von Stadler Rail, befürchten, ihre Erben müssten Teile des Unternehmens verkaufen, um die Steuer zu begleichen.
Doch Wermuth widerspricht: „Spuhlers Kinder müssten die geerbten Firmen gar nicht verkaufen. Die Initiative lässt grossen Spielraum. Das Parlament kann im Ausführungsgesetz festhalten, dass Erben die Steuern über mehrere Jahre hinweg abzahlen können.“
Selbst im Fall eines Unternehmenswerts von 60 Millionen Franken wäre nur der Betrag über dem Freibetrag – also 10 Millionen – steuerpflichtig. „Davon fiele die Hälfte als Steuer an“, erklärt Wermuth. „Wenn die Erben das über zehn Jahre verteilt zahlen, ist das verkraftbar.“
Symbol für Fairness und Verantwortung
Für Meyer steht die Initiative sinnbildlich für soziale Gerechtigkeit in einem Land, das weltweit zu den vermögendsten zählt.
„Es ist nicht zu rechtfertigen, dass einige wenige riesige Reichtümer anhäufen, während der Mittelstand Mühe hat, Mieten und Krankenkassen zu bezahlen. Wir müssen grosse Investitionen tätigen, um die Klimakrise zu bewältigen und unseren Kindern einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.“
Wermuth sieht darin eine Rückbesinnung auf ein lange verdrängtes Prinzip:
„Die Erbschaftssteuer ist ein urliberales Anliegen. In den 1970er-Jahren haben selbst deutsche Liberale Steuersätze bis zu 75 Prozent vorgeschlagen, um gefährliche Konzentrationen von Reichtum zu verhindern. Dagegen sind 50 Prozent geradezu moderat.“
Abstimmung als Gradmesser
Am 30. November 2025 blickt die Schweiz auf eine Abstimmung, die weit über steuerpolitische Fragen hinausgeht. Das Volk entscheidet über die Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialist:innen (Juso) – ein Volksbegehren, das Reichtum gerechter verteilen und übergrosse Vermögen stärker besteuern will.
Während Wirtschaftsverbände vor einem Angriff auf Familienbetriebe warnen, sieht die SP-Führung darin ein notwendiges Korrektiv. Für die Co-Präsident:innen Mattea Meyer und Cédric Wermuth steht fest: Diese Initiative markiert einen Wendepunkt in der Diskussion über soziale Verantwortung und demokratische Fairness.
„Unabhängig vom Resultat“, so Meyer, „ermöglicht diese Abstimmung endlich die Debatte, die unsere Gesellschaft zu lange gescheut hat – über Macht, Reichtum und Gerechtigkeit.“ Schon jetzt hat das Volksbegehren erreicht, was viele Programme nicht geschafft haben: Es zwingt das Land, über die Grenzen wirtschaftlicher Privilegien und die Zukunft sozialer Gleichheit zu sprechen.
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