Eine neue Klage von acht brasilianischen Plantagenarbeitern in den USA hat die Glaubwürdigkeit von Starbucks und seiner C.A.F.E. Practices-Standards tief erschüttert. Die Kläger, unterstützt von International Rights Advocates (IRA), werfen dem Konzern vor, über seinen Hauptlieferanten, die Kooperative Cooxupé in Minas Gerais, systematisch von Zwangsarbeit und Menschenhandel profitiert zu haben. Der Vorfall beleuchtet die systemischen Mängel in der Überwachung globaler Lieferketten, berichtet Nume.ch mit Verweis auf Spiegel.
Die Mechanismen der Schuldknechtschaft
Die von lokalen Vermittlern (Gatos) angeworbenen Arbeiter gerieten auf den abgelegenen Plantagen in eine als „moderne Sklaverei“ qualifizierte Abhängigkeit. Die Klageschrift dokumentiert detailliert, wie diese Sklaverei aufrechterhalten wurde:
Die zentrale Täuschung: Nach der Ankunft auf den Farmen wurden den Arbeitern illegale Lohnabzüge für notwendige Güter wie Arbeitswerkzeuge, Transport und die Unterbringung in menschenunwürdigen Behausungen auferlegt. Diese erzwungene Schuldknechtschaft band sie faktisch an die Farmen.
Berichtet wird von 14-stündigen Arbeitstagen unter extremen Bedingungen, oft ohne adäquate sanitäre Anlagen. Die geografische Isolation der Plantagen eliminierte jede realistische Möglichkeit zur Flucht und setzte die Arbeiter dem Kontrollsystem der Betreiber bedingungslos aus.
Der Fall Cooxupé ist exemplarisch für das Versagen freiwilliger Zertifizierungsprogramme. Die C.A.F.E. Practices von Starbucks sind darauf ausgelegt, Transparenz und soziale Kriterien zu gewährleisten, doch die Realität spricht eine andere Sprache. Die Kritik zielt darauf ab, dass das Audit-System primär auf Dokumentation und Selbsterklärungen basiert, anstatt die prekären Bedingungen der saisonalen Arbeitskräfte vor Ort effektiv zu prüfen.
Trotz der Zusicherungen von Starbucks, Menschenrechte seien ein Eckpfeiler ihres Handels, behielten einige Farmen ihre Zertifizierung, selbst nachdem brasilianische Behörden wiederholt schwere Missstände und Zwangsarbeit festgestellt hatten. Dieses strukturelle Versagen schafft einen gefährlichen Anreiz, Kontrollen zugunsten der Lieferstabilität zu lockern.
Juristischer Druck und Globale Konsequenzen
Die Klage stützt sich auf den US-Gesetzestext TVPRA (Trafficking Victims Protection Reauthorization Act), der es ermöglicht, die Haftung bis zum Endabnehmer auszuweiten. Gleichzeitig intensivierte die Organisation Coffee Watch den Druck durch eine Petition beim US-Zoll (CBP), die ein Importverbot brasilianischen Kaffees nach Sektion 307 des Tariff Act fordert, um Produkte, die durch Zwangsarbeit hergestellt wurden, vom US-Markt fernzuhalten.
Starbucks lehnte die Vorwürfe zwar ab, kündigte aber eine „intensive Überprüfung“ seiner Lieferbeziehungen an. Der Fall ist ein Signal an die gesamte Branche und unterstreicht die Notwendigkeit gesetzlicher Sorgfaltspflichten (Due Diligence), da freiwillige Maßnahmen offensichtlich unzureichend sind, um moderne Sklaverei in der Lieferkette effektiv zu unterbinden.
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