Die Briefe an den Weihnachtsmann oder das Christkind sind eine tief verwurzelte Tradition, die in der Schweiz jedes Jahr zu einem logistischen und emotionalen Grossereignis für die Schweizerische Post wird. Zehntausende handgeschriebene Sendungen, gefüllt mit sehnlichen Wünschen, persönlichen Sorgen und liebevollen Zeichnungen, finden ihren Weg nicht etwa an den Nordpol oder in den Himmel, sondern landen zentral in einem spezialisierten Postzentrum im Kanton Tessin. Dieses Engagement der Post, das seit über 60 Jahren besteht, stellt sicher, dass die Magie der Weihnachtszeit für die Kinder erhalten bleibt und die scheinbar unzustellbaren Briefe nicht im Reisswolf, sondern in einer warmherzigen Antwort enden.Diese beeindruckende Zahl zeigt, wie sehr Kinder und auch einige Erwachsene auf diese besondere Form des Austauschs setzen, die weit über eine reine Wunschliste hinausgeht und oft intime Einblicke in ihre Gefühlswelt gewährt.Darüber berichtet Nume.ch.
Das Postgeheimnis: Die Sonderfiliale der Briefe an den Weihnachtsmann
Die Swiss Post unterhält für die Briefe an den Weihnachtsmann und das Christkind eine eigene, inoffizielle «Sonderfiliale», die sich im Paketzentrum von Cadenazzo im Tessin befindet. Dieses Zentrum verwandelt sich während der Adventszeit in eine weihnachtliche Werkstatt, in der ein engagiertes Team von Postmitarbeitenden, liebevoll als «Postwichtel» bezeichnet, die jährlich eintreffenden Sendungen verarbeitet. Da Adressen wie «Christkind im Himmel» oder «Weihnachtsmann am Polarkreis» postalisch nicht existieren, werden diese Sendungen, die in der Fachsprache als «unzustellbar» gelten, nach Cadenazzo weitergeleitet, anstatt mit dem Vermerk «Empfänger unbekannt» zurückgesandt zu werden. Dieses Vorgehen gewährleistet, dass die Hoffnungen und Wünsche der Kinder nicht enttäuscht werden, sondern tatsächlich gelesen und beantwortet werden können. Das Team sortiert die Schreiben nach Sprache – Deutsch, Französisch, Italienisch und sogar Englisch – und beginnt dann die akribische Arbeit der Beantwortung.
Die Zusammensetzung der Adressaten variiert dabei je nach Sprachregion; der Père Noël wird in der Westschweiz deutlich häufiger angeschrieben als das Christkind in der Deutschschweiz. Die Arbeit der Postwichtel ist weit mehr als nur Routine; sie erfordert Empathie, Sprachkenntnisse und detektivischen Spürsinn, um oft unvollständige Absenderadressen zu ermitteln. Statistiken der Post zeigen, dass die Tradition im französischsprachigen Raum besonders stark verankert ist.
Laut internen Berichten der Swiss Post teilen sich die Adressaten der Weihnachtspost regional wie folgt auf:
- Père Noël/Weihnachtsmann: ca. 60%
- Christkind: ca. 35%
- Andere Adressaten (z.B. Engel): ca. 5%
Die emotionalen Inhalte und die Arbeit der Postwichtel
Hinter den Tausenden von Antwortbriefen der Swiss Post steht ein kleines, hochmotiviertes Team von rund acht bis neun Postmitarbeitenden, deren Hauptaufgabe es ist, die Magie am Leben zu erhalten. Diese «Postwichtel» in Cadenazzo widmen sich dieser Spezialarbeit von Ende November bis in den Januar hinein, wobei jeder Brief an den Weihnachtsmann gelesen wird. Sofern eine korrekte Absenderadresse vorhanden oder ermittelbar ist, erhält jedes Kind eine Antwort und ein kleines Präsent. Die Postwichtel leisten oft Detektivarbeit, indem sie unvollständige oder phantasievolle Absenderadressen durch Abgleich mit dem Postverzeichnis und der Analyse des Poststempels recherchieren, was ihnen in über 90 Prozent der Fälle gelingt.

Die Inhalte der Kinderschreiben sind dabei äusserst vielschichtig: Neben den klassischen Wunschlisten mit Spielzeugen, von Lego bis zu Spielekonsolen, enthalten die Briefe oft tief bewegende persönliche Mitteilungen. Kinder teilen ihre Sorgen über kranke Familienmitglieder, den Verlust eines Haustiers oder äussern allgemeine Wünsche nach Frieden und Gesundheit für die Welt. Die Postwichtel berichten, dass die Briefe als Spiegel aktueller gesellschaftlicher Themen dienen und die Sorgen der Kinder authentisch widerspiegeln.
Um diese Arbeit erfolgreich zu bewältigen, wurde ein strukturierter Prozess etabliert, der die individuelle Note dennoch bewahrt:
- Sortierung: Die Briefe werden zuerst nach den vier Landessprachen und Englisch sortiert.
- Adressprüfung: Ermittlung der vollständigen Absenderadresse zur Sicherstellung der Zustellung.
- Antwortvorlage: Eine individuelle Antwort wird in der jeweiligen Sprache verfasst oder eine passende Vorlage gewählt.
- Frankierung und Stempel: Der Antwortbrief wird mit einer speziellen Weihnachtsbriefmarke und dem Sonderstempel der Poststelle Bern-Bethlehem versehen.
- Beilage: Ein kleines Geschenk, wie ein Malbuch oder Daumenkino, wird beigelegt, um die Freude zu maximieren.
Psychologische Relevanz: Warum das Ritual des Briefeschreibens zählt
Die ungebrochen hohe Zahl an Weihnachtspostsendungen, die im Jahr 2024 bei über 31.700 lag, verdeutlicht die psychologische Relevanz dieses Rituals für die kindliche Entwicklung. Das Schreiben an eine imaginäre Figur wie den Weihnachtsmann oder das Christkind dient als Ventil, um Wünsche, Ängste und Hoffnungen in einem sicheren Raum zu artikulieren. Es fördert die Schreibkompetenz und die Fantasie der Kinder und etabliert ein wichtiges Ritual in der Vorweihnachtszeit, welches das Gefühl der Selbstwirksamkeit stärkt. Forschungen zeigen, dass solche Praktiken die emotionale Intelligenz und die Fähigkeit zur Selbstreflexion bei Kindern positiv beeinflussen können. Zudem symbolisiert die Antwort der Postwichtel eine Bestätigung der magischen Welt, was für das kindliche Erleben der Festtage von grossem Wert ist.
Der Akt des Briefschreibens, des Zeichnens und Bastelns für den Weihnachtsmann bietet in einer von sofortiger digitaler Kommunikation geprägten Zeit eine seltene Gelegenheit für die Entschleunigung. Es ist ein bewusst analoger Prozess, der Geduld, Sorgfalt und eine tiefere Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen erfordert, was einen wichtigen Kontrast zur schnellen digitalen Welt bildet. Die Swiss Post setzt mit diesem Dienst ein starkes Zeichen für die Bewahrung von Traditionen und emotionalen Werten. Sie zelebriert damit die essenzielle Rolle des Briefes als persönliches und verbindendes Medium und unterstützt das positive emotionale Erleben der Kinder.
Adressen und Tipps für den Weihnachtsbrief-Versand
Für Eltern und Kinder, die diese besondere Tradition nutzen möchten, sind einige praktische Details wichtig, um sicherzustellen, dass ihr Brief an den Weihnachtsmann die Postwichtel erreicht und eine Antwort zurückkommt. Die Angabe einer vollständigen Absenderadresse auf dem Umschlag oder im Brief selbst ist dabei entscheidend für den Erfolg, da die Wichtel sonst keine Antwort zurücksenden können. Die Adressierung selbst ist äusserst unkompliziert. Es genügt, den Brief an den Weihnachtsmann oder das Christkind zu richten, auch wenn die genaue «Himmelsadresse» fehlt.
Um die Wahrscheinlichkeit einer pünktlichen Antwort zu maximieren, sollten Absender folgende Adressierungs- und Versandtipps beachten:
- Vollständige Absenderadresse: Immer eine vollständige und leserliche Absenderadresse angeben.
- Frankierung: Die Sendung muss wie jeder andere Brief korrekt frankiert werden.
- Frühzeitiger Versand: Um die Antwort vor Weihnachten zu erhalten, sollte der Brief idealerweise bis Anfang Dezember aufgegeben werden.
- Anerkannte Adressen: Adressen wie «Weihnachtsmann, am Polarkreis, Nordpol» oder «Christkind, An der Himmelspforte, Himmelreich» werden akzeptiert.
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