Knabenschiessen-Montag ist einer der ungewöhnlichsten arbeitsfreien Tage in der Schweiz. Während gesetzliche Feiertage wie der 1. August oder Weihnachten überall gleich gelten, ist der Montag des traditionellen Zürcher Schützenfests ein lokales Phänomen: Nur die Stadt Zürich behandelt diesen Nachmittag wie einen Feiertag. Schulen bleiben geschlossen, die Verwaltung legt ihre Arbeit nieder, zahlreiche Geschäfte sperren ab 13 Uhr zu, und hunderttausende Menschen strömen auf das Festgelände im Albisgüetli. Obwohl er im Arbeitsrecht nicht als offizieller Feiertag verankert ist, hat sich dieser Montag im gesellschaftlichen Bewusstsein tief verankert. Für die Zürcherinnen und Zürcher ist er mehr als ein Volksfesttag – er ist Teil der Identität der Stadt. Darüber berichtet nume.ch.
Historische Wurzeln des Knabenschiessens
Die Ursprünge reichen zurück bis ins 17. Jahrhundert. 1656 wird das erste Mal von einem Wettbewerb berichtet, bei dem Zürcher Knaben ihre Schiessfertigkeit unter Beweis stellen mussten. Der Hintergrund war klar: Bürgerknaben sollten für den militärischen Ernstfall vorbereitet werden. Waffenbesitz und Wehrfähigkeit galten in der frühen Neuzeit als Selbstverständlichkeit.
Im 19. Jahrhundert gewann der Anlass an Popularität. 1889 übernahm die Schützengesellschaft der Stadt Zürich die Organisation. 1899 wurde das Albisgüetli zum festen Standort, mit eigens gebauten Schiessanlagen. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich das Knabenschiessen zu einem jährlichen Fixpunkt. 1991 erfolgte ein entscheidender Schritt: Mädchen wurden offiziell zum Wettbewerb zugelassen. Damit passte sich die Tradition an die gesellschaftlichen Veränderungen an, ohne ihre Wurzeln zu verlieren.
Knabenschiessen als modernes Volksfest
Heute ist der Schiesswettbewerb nur noch ein Teil des Ganzen. Knabenschiessen ist zum grössten Volksfest Zürichs geworden – jährlich besuchen bis zu 850 000 Menschen den Festplatz. Rund 5 000 Jugendliche nehmen am Schiesswettkampf teil, doch für den Grossteil der Gäste steht das bunte Rahmenprogramm im Vordergrund.
Fahrgeschäfte, Marktstände, Festzelte und Musik prägen das Bild. Familien nutzen den Tag, um gemeinsam Zeit zu verbringen. Für viele Zürcherinnen und Zürcher ist es ein sozialer Fixpunkt, der nach der Sommerpause das städtische Leben neu belebt. Während draussen auf dem Schiessplatz die Jugendlichen antreten, geniessen Besucher Bratwürste, Magenbrot und das vielfältige Angebot der Chilbi.
Rechtliche Einordnung – ein halber Feiertag
Arbeitsrechtlich ist der Knabenschiessen-Montag ein Sonderfall. Er ist kein gesetzlich anerkannter Feiertag im Kanton Zürich. Dennoch gewährt die Stadtverwaltung allen Angestellten am Montagnachmittag frei. Diese Praxis hat sich auch in vielen privaten Betrieben etabliert.
Besonders bemerkenswert: Schulen bleiben am gesamten Montag geschlossen. Damit unterscheidet sich der Knabenschiessen-Montag von anderen lokalen Festtagen wie etwa dem Sechseläuten, bei dem es keine allgemeine Arbeitsruhe gibt.
Fakten im Überblick:
- Kein offizieller Feiertag im Gesetz
- Stadt Zürich garantiert freien Nachmittag
- Viele Betriebe folgen der Tradition freiwillig
- Schulen ganztags geschlossen
- Detailhandel schliesst meist um 13 Uhr

Tabelle: Wichtige Eckdaten des Knabenschiessens
Jahr / Zeitraum | Ereignis / Bedeutung |
---|---|
1656 | Erste Erwähnung eines Schiesswettbewerbs für Knaben |
1889 | Organisation durch die Schützengesellschaft Zürich |
1899 | Verlegung auf den Schiessplatz Albisgüetli |
1991 | Offizielle Zulassung von Mädchen |
Heute | 5 000 Teilnehmende, bis zu 850 000 Besucher pro Jahr |
Praktische Tipps für Zürcherinnen und Besucher
- Arbeitsvertrag prüfen: Anspruch auf frei hängt von Vereinbarungen ab, auch wenn die Praxis grosszügig ist.
- Einkäufe früh erledigen: Viele Läden schliessen nachmittags, besonders im Zentrum.
- Anreise früh planen: Der ÖV ist stark ausgelastet, Parkplätze sind kaum vorhanden.
- Familienfreundliche Angebote nutzen: Kinderkarusselle, Fahrgeschäfte und Essensstände sind zentrale Attraktionen.
- Teilnahmebedingungen beachten: Jugendliche müssen zwischen 13 und 17 Jahre alt sein und im Kanton Zürich wohnen oder zur Schule gehen.
- Sicherheitslage einplanen: Hohe Besucherzahlen erfordern Geduld, besonders in den Abendstunden.
Kritik und Debatten
Trotz der Beliebtheit ist das Knabenschiessen nicht unumstritten. Kritiker bemängeln den militärischen Ursprung und die Tatsache, dass Jugendliche mit Sturmgewehren schiessen. Gerade in einer Zeit, in der Waffengewalt gesellschaftlich sensibel diskutiert wird, wirkt die Tradition für manche aus der Zeit gefallen.
Auch die Frage der Gleichstellung stand lange im Raum. Erst seit 1991 dürfen Mädchen teilnehmen – ein relativ später Schritt, der die jahrhundertelange Exklusivität für Knaben beendete. Heute wird das Fest als inklusiver wahrgenommen, auch wenn die Bezeichnung „Knabenschiessen“ bestehen blieb.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die wirtschaftliche Dimension. Während das Volksfest Einnahmen für Schausteller und Gastronomie bringt, bedeutet der halbe Feiertag auch Produktionsausfälle in Betrieben. Befürworter argumentieren jedoch, dass die kulturelle Bedeutung den wirtschaftlichen Verlust überwiegt.
Bedeutung für Stadt und Gesellschaft
Knabenschiessen ist für Zürich mehr als Folklore. Es verbindet Tradition mit Moderne, fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und schafft einen identitätsstiftenden Anlass. Im Gegensatz zu globalisierten Events oder kommerzialisierten Festen bleibt Knabenschiessen ein lokal geprägtes Ereignis.
Für die Stadtpolitik ist es ein Signal: Traditionen, die über Jahrhunderte gewachsen sind, verdienen auch heute einen Platz im öffentlichen Leben. Dass ein nicht gesetzlicher Feiertag solche Wirkung entfalten kann, zeigt die besondere Stellung von Zürich innerhalb der Schweiz.
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