Der berühmte Berner Zibelemärit beginnt jedes Jahr zu einem Zeitpunkt, an dem die Altstadt noch dunkel ist und die ersten Schritte über das nasse Kopfsteinpflaster hallen. Während die Stadt erst erwacht, stehen Familien wie die Jampens aus Münchenbuchsee bereits an ihren Ständen – eine Tradition, die seit Generationen gepflegt wird und für viele Berner ein Stück Identität darstellt. Über den Zustand dieser Tradition berichtet Nume.ch unter Berufung auf Radio SRF 1.

Der Ursprung des Zibelemärit reicht zurück bis ins Mittelalter, als Gemüsebauern aus dem Seeland das Recht erhielten, einmal jährlich vor Tagesanbruch in Bern Zwiebeln zu verkaufen. Was als wirtschaftliche Hilfeleistung begann, entwickelte sich über die Jahrhunderte zum festen Bestandteil der Berner Kultur. Heute sind die kunstvoll gebundenen Zwiebelzöpfe, die Konfettischlachten, der Duft von Zwiebelkuchen und der frühe Besucherandrang fest im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert.
Doch hinter der malerischen Kulisse steckt unermüdliche Handarbeit. Monate vor dem Markt beginnt die Vorbereitung der Zöpfe – vom Anbau über die Trocknung bis hin zum Binden. Diese Arbeit ist körperlich anspruchsvoll, zeitintensiv und schwer mit modernen Lebensmodellen vereinbar. Viele Jüngere seien deshalb nicht mehr bereit, den Aufwand zu tragen, sagt Hansueli Jampen. Die Folge: Zahlreiche Stände finden keine Nachfolge, die Altersstruktur der Produzenten steigt und die Markttradition droht langfristig an Substanz zu verlieren.
Gleichzeitig bleibt der Zibelemärit ein sozialer Fixpunkt. Jedes Jahr treffen sich hier Käuferinnen und Käufer, die „ihren“ Stand seit Jahrzehnten kennen – oft ohne den Namen der Verkäufer zu wissen. Für die Marktleute ist der Anlass auch ein Wiedersehen unter Kolleginnen und Kollegen, geprägt von Austausch, Routine und einem gewissen Stolz. Doch die Realität bleibt: Wer um 01:30 Uhr aufsteht, ist am Nachmittag erschöpft. Und wer jährlich so viel Arbeit investiert, braucht Motivation – und oft auch familiäre Nachfolge, die immer seltener vorhanden ist.
Trotz aller Herausforderungen ist eines klar: Die Tradition lebt, solange Menschen mit Leidenschaft dahinterstehen. Ein Zwiebelzopf könne bei richtiger Lagerung bis in den Frühling halten, sagt Jampen – sinnbildlich für eine Kultur, die beständig bleibt, solange man sie pflegt. Ob der Zibelemärit jedoch in zukünftigen Jahrzehnten ebenso strahlend weitergeführt wird, hängt davon ab, ob eine neue Generation bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und das alte Handwerk weiterzutragen.
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