Roger Federer wurde für Novak Djokovic zu einem entscheidenden Einfluss – nicht durch persönliche Gespräche, sondern durch jahrelanges genaues Beobachten. Der Schweizer zeigte, wie man eine Karriere auf die großen Turniere fokussiert: mit präziser Planung, gezielten Pausen und klarem Timing für Formhöhepunkte.
„Ich habe von ihm gelernt, wie man seinen Kalender aufbaut, wann man sich zurücknimmt und wie man rechtzeitig in Bestform kommt. Die meisten Spieler tun das nicht – Roger schon“, so Djokovic.
Während viele Profis die Grand Slams zwar als wichtigste Turniere nennen, sie aber im Alltag kaum entsprechend priorisieren, habe Federer seine gesamte Saisonplanung genau darauf ausgerichtet. Diese Herangehensweise habe Djokovic geprägt – und ihm geholfen, auf höchstem Niveau konstant zu bleiben.
„Ich habe Fehler gemacht, sicher. Ich habe Pausen ausgelassen, obwohl ich sie gebraucht hätte. Aber ich habe durch ihn gelernt, wie man langfristig denkt – nicht nur von Woche zu Woche.“ Darüber berichtet NUME.ch unter Berufung auf das Interview im YouTube-Format @neuspjehprvaka.
„Ich war nie so geliebt wie Federer oder Nadal“ – Djokovic spricht über Anerkennung und Zweifel
In einem zweiten, emotional geführten Interview für das Format Failures of Champions offenbarte Djokovic eine Seite, die selten öffentlich wird. Obwohl er sportlich erfolgreicher war als Federer und Rafael Nadal, fühlte er sich in der Öffentlichkeit oft als Außenseiter – ein dritter Mann in einem System, das ihn nie wirklich angenommen habe.
„Ich war nie so bewundert und geliebt wie Federer oder Nadal. Ich war der Typ, der sagte: ‚Ich werde Nummer eins‘ – und viele wollten das nicht hören. Ich war der Dritte. Der Kleine, der sich dazwischenschob.“
Er spricht offen über Zurückweisung und über die Verletzlichkeit, die damit verbunden war:
„Ich spielte und fühlte mich trotzdem wie das ungeliebte Kind. Ich fragte mich, warum das so ist. Es tat weh.“
Djokovic erklärt auch, dass er versucht habe, durch bewusst verändertes Verhalten die Meinung der Fans zu beeinflussen – jedoch ohne Erfolg.
„Ich dachte, wenn ich netter auftrete, ändert sich etwas. Aber auch das half nicht.“
Hintergrund: Rivalität, Respekt und Widersprüche

Bild von Shi Tang/Getty Images
Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic gelten als die „Big Three“ des Welttennis. Zusammen gewannen sie 66 Grand-Slam-Titel: Federer 20, Nadal 22, Djokovic 24. Über zwei Jahrzehnte dominierten sie den Sport, jeder mit seinem eigenen Stil.
Die Rivalität zwischen Federer und Djokovic war eine der intensivsten und bedeutendsten im Tennis. Sie standen sich 50 Mal auf der ATP-Tour gegenüber, mit einer Bilanz von 27:23 zugunsten von Djokovic. Viele dieser Duelle gelten als Klassiker – emotional, taktisch und sportlich hochklassig.
Federer verkörperte Technik, Eleganz und Charisma. Nadal stand für Kampfgeist und unerschütterliche Intensität. Djokovic hingegen wurde oft als berechnend, impulsiv oder kontrovers wahrgenommen. Seine sportlichen Erfolge waren unbestritten – seine öffentliche Beliebtheit hingegen schwankte.
Zu den umstrittenen Momenten seiner Karriere zählen u. a. die Disqualifikation bei den US Open 2020, als er aus Frust versehentlich eine Linienrichterin mit dem Ball traf, sowie die öffentliche Kritik nach einem Interview, das er trotz eines positiven COVID-19-Tests 2022 gab.
Trotz dieser Ereignisse betont Djokovic, dass er stets mit offenem Herzen gehandelt habe:
„Ich bin ein Mensch mit vielen Fehlern. Aber ich habe immer versucht, ehrlich zu sein, mit guten Absichten zu leben und einfach ich selbst zu sein.“
Auch über seine Beziehung zu Federer und Nadal äußert er sich klar:
„Nur weil jemand mein größter Rivale war, heißt das nicht, dass ich ihn gehasst habe. Ich wollte ihn auf dem Platz besiegen, aber nie persönlich verletzen.“
Während er betont, dass sein Verhältnis zu Nadal über die Jahre enger gewesen sei, äußert er tiefen Respekt gegenüber Federer:
„Ich habe nie ein schlechtes Wort über Federer gesagt – und ich werde es auch nie tun. Ich habe zu ihm aufgeschaut. Ich tue es bis heute.“
Bilanz: Die Grand-Slam-Finals zwischen Federer und Djokovic
Jahr | Turnier | Sieger |
---|---|---|
2007 | US Open | Federer |
2014 | Wimbledon | Djokovic |
2015 | Wimbledon | Djokovic |
2015 | US Open | Djokovic |
2019 | Wimbledon | Djokovic |
Das Wimbledon-Finale 2019 bleibt als eines der längsten und dramatischsten in Erinnerung. Federer vergab zwei Matchbälle. Djokovic gewann nach 4 Stunden und 57 Minuten im Tiebreak des fünften Satzes – das erste Mal, dass ein Grand-Slam-Finale auf diese Weise entschieden wurde.
Ein Rivale als Lehrer
Roger Federer ist seit 2022 nicht mehr aktiv, doch sein Einfluss bleibt. Nicht nur als achtfacher Wimbledon-Sieger oder als weltweit respektierter Sportler – sondern als jemand, der durch sein Verhalten Maßstäbe setzte, selbst für seine größten Gegner.
Für Novak Djokovic war Federer mehr als nur ein Gegner. Er war ein indirekter Lehrer – einer, der ihn durch Konsequenz, Ruhe und Planung zu einem besseren Athleten machte.
„Ich verdanke ihm viel. Ohne ihn hätte ich nicht dieselben Entscheidungen getroffen. Ich habe durch ihn gelernt, was es heißt, für etwas Größeres zu leben – nicht nur von Woche zu Woche.“
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Foto von Andy Cheung/Getty Images