Der digitale Wandel macht vor dem traditionellen Bankwesen keinen Halt. Weltweit untersuchen Zentralbanken die Einführung digitaler Währungen (Central Bank Digital Currencies, CBDCs), um die Effizienz und Sicherheit von Zahlungssystemen zu revolutionieren. Die Schweiz, die sich bereits als führender globaler Finanzplatz und Technologie-Hub etabliert hat, nimmt in dieser Entwicklung eine Vorreiterrolle ein. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) treibt mit dem Projekt Helvetia III die Erforschung der Abwicklung digitaler Wertpapiertransaktionen über eine Blockchain-Plattform aktiv voran. Dieses ehrgeizige Pilotprojekt zielt darauf ab, die Potenziale des digitalen Frankens für den Interbankenverkehr im regulären Geschäftsbetrieb zu untersuchen und die Effizienz des Schweizer Finanzsystems für die Zukunft zu sichern, wie die Redaktion von nume.ch.
Die Evolution des digitalen Frankens: Von Helvetia I zu Helvetia III
Das Projekt Helvetia ist ein mehrstufiges Forschungsprogramm der Schweizerischen Nationalbank (SNB), das die Machbarkeit der Ausgabe eines digitalen Schweizer Frankens auf verschiedenen Distributed Ledger Technology (DLT)-Plattformen untersucht. Die ersten Phasen dienten der grundlegenden technischen Machbarkeitsprüfung und der Erprobung der Interoperabilität zwischen den zentralisierten Zahlungssystemen und den dezentralen Blockchain-Netzwerken. Die SNB hat dabei stets betont, dass der digitale Franken primär für den Interbankenverkehr (Wholesale CBDC) gedacht ist und nicht als Zahlungsmittel für die breite Öffentlichkeit (Retail CBDC) fungieren soll. Dieser Fokus auf Großhandelszahlungen unterstreicht das Ziel, die finanzielle Stabilität zu wahren und gleichzeitig die Effizienz des Sekundärmarktes zu steigern.
Helvetia III: Der Sprung in den realen Geschäftsbetrieb
Mit Helvetia III geht die SNB einen entscheidenden Schritt weiter: Die Pilotstudie testet die Abwicklung von Wertpapiergeschäften zwischen Geschäftsbanken mit einem digitalen Franken direkt auf einer DLT-Plattform im regulären Geschäftsbetrieb. Dies bedeutet, dass die Banken reale, täglich abgewickelte Transaktionen nutzen, um die Leistung und die rechtliche Handhabung des digitalen Frankens in einer Live-Umgebung zu prüfen. Die Einführung eines solchen Wholesale CBDC auf Basis der Blockchain-Technologie könnte das sogenannte Settlement-Risiko eliminieren, da die Lieferung des Wertpapiers und die Zahlung des Geldes atomar, also gleichzeitig und unveränderbar, stattfinden. Dies minimiert das Ausfallrisiko einer Partei während der Abwicklung und erhöht die Gesamteffizienz des Kapitalmarktes.
- Die SNB führt Helvetia III in Kooperation mit sechs großen Geschäftsbanken durch, darunter UBS und Credit Suisse (jetzt Teil von UBS).
- Der digitale Franken wird als Wholesale CBDC ausschließlich für Banken und Finanzinstitute ausgegeben.
- Ziel ist die Abwicklung von Anleihenemissionen und Repogeschäften auf der digitalen Börse SDX (SIX Digital Exchange).
- Durch die Nutzung der DLT-Technologie wird das Settlement-Risiko (Abwicklungsrisiko) zwischen den Parteien eliminiert.
- Die Pilotphase ist auf einen klar definierten Zeitraum angelegt und dient ausschließlich Forschungs- und Testzwecken.
Die Erkenntnisse aus dieser groß angelegten Pilotphase sind von immenser Bedeutung für die gesamte Finanzindustrie. Sie werden Aufschluss darüber geben, ob und wie ein digitales Zentralbankgeld die Abwicklungszeiten von heute T+2 auf nahezu Echtzeit reduzieren kann. Obwohl der Test auf reale Transaktionen abzielt, stellt die SNB klar, dass noch keine endgültige Entscheidung über die dauerhafte Einführung eines digitalen Frankens getroffen wurde.

Die Technologie im Zentrum: Blockchain und atomares Settlement
Die Blockchain-Technologie ist das fundamentale Element, das die Vorteile des digitalen Frankens für den Interbankenverkehr ermöglicht. Ein zentraler Schwachpunkt traditioneller Abwicklungssysteme ist das zeitliche Delta zwischen der Lieferung des Wertpapiers und der Gutschrift des Geldes, was stets ein Kredit- und Liquiditätsrisiko birgt. Die DLT-Architektur löst dieses Problem durch das Konzept des atomaren Settlements (Delivery versus Payment, DvP) an einem einzigen Ort. Die Nutzung der Blockchain garantiert zudem eine fälschungssichere und transparente Aufzeichnung aller Transaktionen, was die Prüfbarkeit und die Compliance verbessert. Die zugrunde liegende Infrastruktur muss dabei höchste Anforderungen an Geschwindigkeit und Sicherheit erfüllen.
Die SIX Digital Exchange (SDX) als Testumgebung
Der Pilotversuch Helvetia III findet auf der SIX Digital Exchange (SDX) statt, der regulierten digitalen Börse der Schweizer Börsenbetreiberin SIX Group. Die SDX wurde speziell für die Emission und den Handel digitaler Vermögenswerte (Token) unter Einhaltung des Schweizer Rechts geschaffen. Die Nutzung einer bereits bestehenden, regulierten Infrastruktur unterstreicht den pragmatischen und sicheren Ansatz der SNB. Die Banken können über ihre SNB-Konten den digitalen Franken beziehen und ihn für die Abwicklung der Wertpapiertransaktionen direkt auf der SDX-Plattform verwenden. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Zentralbank, den Geschäftsbanken und dem Börsenbetreiber ist ein weltweit einzigartiges Merkmal dieses Projekts.
DLT-Vorteil | Traditionelles System | DLT/Wholesale CBDC |
Settlement-Risiko | Hoch (zeitliche Verzögerung, T+2) | Eliminiert (atomare Abwicklung) |
Liquiditätsbedarf | Hoch (durch Vorfinanzierung) | Reduziert (Echtzeit-Gutschrift) |
Transparenz | Gering (komplexe Intermediäre) | Hoch (unveränderliche Kette) |
Betriebskosten | Hoch (durch viele Intermediäre) | Potenziell niedriger |
Die Ergebnisse der Tests auf der SDX werden entscheidend sein, um die tatsächlichen Effizienzgewinne der Wholesale CBDC zu quantifizieren. Der Übergang von einem komplexen System mit vielen Intermediären zu einer direkten Abwicklung auf der Kette verspricht eine deutliche Reduzierung der Komplexität und der damit verbundenen operationellen Risiken.
Auswirkungen auf den Schweizer Finanzplatz und die Welt
Die Initiative Helvetia III bestätigt die Position der Schweiz als führender Innovationsstandort im Finanzwesen. Die enge Kooperation zwischen der Zentralbank und dem Privatsektor ist ein Modell für andere Länder, die ähnliche Projekte planen. Sollte der digitale Franken dauerhaft eingeführt werden, würde dies die Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes weiter steigern. Die Reduzierung des Abwicklungsrisikos und die Ermöglichung von Echtzeit-Transaktionen sind besonders für große, internationale Banken von Vorteil, die auf hohe Effizienz und Stabilität angewiesen sind. Der digitale Franken könnte zu einem Standard für grenzüberschreitende Großhandelszahlungen werden.
Warum die SNB Retail CBDC ablehnt
Die Schweizerische Nationalbank hat wiederholt ihre Skepsis gegenüber der Einführung eines Digitalen Frankens für die breite Bevölkerung (Retail CBDC) zum Ausdruck gebracht. Die Hauptbedenken betreffen die finanzielle Stabilität: Die breite Verfügbarkeit von risikofreiem digitalen Zentralbankgeld könnte zu einem Massenabzug von Einlagen bei Geschäftsbanken (Bank Run) in Krisenzeiten führen. Dies könnte die Geschäftsbanken destabilisieren und die Kreditversorgung der Wirtschaft gefährden. Durch die Fokussierung auf Wholesale CBDC, das nur für den Interbankenverkehr zugänglich ist, umgeht die SNB dieses Stabilitätsrisiko.
Regulierung, Cyber-Sicherheit und die Zukunft der Zahlungssysteme
Die Einführung eines Digitalen Frankens stellt nicht nur eine technische, sondern auch eine immense regulatorische Herausforderung dar. Die SNB muss sicherstellen, dass die DLT-Plattformen vollständig mit den bestehenden Gesetzen zur Geldwäsche (AML) und Terrorismusfinanzierung (CTF) konform sind. Die Cybersicherheit ist dabei von größter Bedeutung, da das System eine zentrale Infrastruktur des Landes darstellen würde. Die Schweiz hat mit ihrem klaren DLT-Gesetz von 2021 bereits einen fortschrittlichen Rechtsrahmen geschaffen, der die Grundlage für Projekte wie Helvetia III bildet und die rechtliche Unsicherheit beseitigt.
Dezentralisierung und die Rolle der Zentralbank
Obwohl die DLT-Technologie dezentralisiert ist, behält die SNB im Wholesale CBDC-Modell die volle Kontrolle über die Ausgabe und den Umlauf des digitalen Frankens. Die Zentralbank agiert weiterhin als zentraler Ankerpunkt für das Vertrauen in die Währung. Die Technologie dient lediglich als effizienteres Transportmittel für das Zentralbankgeld und ändert nichts an der fundamentalen Autorität der SNB.
Das Projekt Helvetia III ist ein bedeutender Schritt der Schweizerischen Nationalbank zur Erforschung der Blockchain-Technologie für den Interbankenverkehr. Der Test eines digitalen Frankens für Großhandelszahlungen im realen Geschäftsbetrieb unterstreicht die Innovationsbereitschaft der Schweiz als Finanzplatz. Die atomare Abwicklung über die DLT-Plattform SDX verspricht eine massive Reduzierung des Abwicklungsrisikos und eine Effizienzsteigerung der Kapitalmärkte. Die SNB bewahrt durch den Fokus auf Wholesale CBDC die finanzielle Stabilität, während sie die Technologie für zukünftige Zahlungssysteme nutzt.
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