Teilen Sie dies:

ZÜRICH, 16. Oktober 2025 – Brot sorgt in der Schweiz für eine historische Preisschlacht. Der Discounter Aldi Suisse hat zu Wochenbeginn den Preis für das 500-Gramm-Pfünderli auf 99 Rappen gesenkt – den tiefsten Wert im Schweizer Detailhandel seit über einem Jahrzehnt. Nach Angaben des Unternehmens sollen „laufend optimierte Strukturen und Kostenvorteile“ direkt an die Kundschaft weitergegeben werden.

Die Entscheidung löste eine Kettenreaktion im Markt aus: Migros, Coop, Lidl und Denner kündigten innerhalb weniger Tage eigene Preissenkungen auf rund einen Franken pro Brot an. Laut Branchenanalysten markiert diese Entwicklung den Beginn eines neuen Preiskapitels im Schweizer Grundnahrungssektor, das sowohl den Wettbewerb als auch die Zukunft kleiner Bäckereien verändern könnte, berichtet Nume.ch unter Berufung auf SRF News und Keystone-SDA.

Discounter verschärfen Konkurrenzdruck

Aldi erklärt, das Ziel sei es, das Haushaltsbudget zu entlasten. „Brot ist ein Grundnahrungsmittel, das sich jeder leisten können soll“, so die Zentrale von Aldi Suisse. Neben dem Pfünderli wurden auch weitere Backwaren günstiger. Branchenbeobachter sprechen von einer Preisführungsstrategie, die den Markt unter Druck setzt. Bereits wenige Tage nach Aldis Schritt kündigte MigrosPreisreduktionen von 13 bis 17 Prozent an. Auch Coop bestätigte eine baldige Anpassung.

Brot wird zum Streitfall in der Schweiz – Aldi entfacht Preiskampf, Migros und Coop ziehen nach

Handwerksbäcker sprechen von unfairem Wettbewerb

Für die kleinen Bäckereien ist der Preisdruck ein Schlag ins Gesicht. Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands, sagt gegenüber SRF News, die Entwicklung gehe „in die völlig falsche Richtung“. „Ein handgemachtes Pfünderli darf vier Franken kosten – das ist ein fairer Preis, der alle in der Wertschöpfungskette trägt.“

Der Preis von 99 Rappen sei wirtschaftlich nicht tragbar. Hotz spricht von einem Lockvogelangebot: „So billiges Brot dient nur dazu, Kundschaft anzulocken. Verdient wird mit anderen Produkten.“ Auch der Winterthurer Bäcker Peter Lyner kritisiert die Strategie: Seine Brote kosten 3.80 Franken. „Wir arbeiten mit ausgebildetem Personal und echten Zutaten – wir können und dürfen da nicht mithalten.“

Gefahr für Dorfbäckereien

Besonders betroffen sind kleine Betriebe in ländlichen Regionen. Viele kämpfen seit Jahren mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten. Wenn der Preis für Brot weiter fällt, droht laut SBKV das Aus für traditionelle Bäckereien. „Die Dorfbäckerei stirbt zuerst“, warnt Hotz. „Und mit ihr geht Wissen, Qualität und Gemeinschaft verloren.“ In den letzten Jahren mussten laut Verbandsdaten über 80 kleine Betriebe schliessen – vor allem in den Kantonen Bern, Aargau und Luzern.

Preisentwicklung und wirtschaftlicher Kontext

Noch 2022 war Brot teurer geworden. Grund waren eine schwache Getreideernte 2021, hohe Energiepreise und die Folgen des Ukraine-Kriegs. Nun drückt nicht die Kostenlage, sondern der Wettbewerb die Preise.

Ökonomen sehen in der 99-Rappen-Strategie ein Risiko für die gesamte Lieferkette. Produktionskosten bleiben stabil, Löhne steigen, Energiepreise schwanken. Wer Preise künstlich senkt, kompensiert dies meist über andere Produktgruppen.

Symbol eines Strukturwandels

Brot ist in der Schweiz mehr als nur ein Produkt – es ist Teil der Kultur. Über 230 Brotsorten sind im Land offiziell registriert, viele davon mit geschützter Herkunft. Wenn nun industriell produzierte Billigbrote dominieren, verliert das Handwerk seine wirtschaftliche Basis. Konsumforscher Martin Tschopp erklärt gegenüber der Handelszeitung:

„Billigpreise verändern Konsumverhalten. Die Menschen vergessen, dass Qualität Arbeit kostet.“ Das Brot wird so zum Symbol eines grösseren Strukturwandels im Schweizer Detailhandel – zwischen Effizienz und Tradition, Preis und Wert.

Aldi hat mit seiner Preisoffensive den Brotmarkt in der Schweiz neu strukturiert. Innerhalb weniger Tage senkten auch Migros, Coop, Lidl und Denner ihre Preise. Ziel aller Anbieter ist die Sicherung von Marktanteilen in einem stagnierenden Lebensmittelmarkt. Branchenverbände warnen, dass der Preisdruck die Ertragslage kleiner Bäckereien weiter verschärft und Arbeitsplätze im handwerklichen Bereich gefährden kann.

Bleiben Sie informiert – Relevantes. Jeden Tag. Lesen Sie, worum es heute wirklich geht – in der Schweiz und der Welt: Veggie-Wurst EU-Parlament: Verbot klassischer Fleischnamen spaltet Europas Ernährungspolitik

Teilen Sie dies: