Dänemark wird das erste westeuropäische Land, das die Wehrpflicht für Frauen gesetzlich vorschreibt – ein historischer Schritt, der als direkte Reaktion auf die anhaltende Sicherheitskrise in Europa gilt, ausgelöst durch Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Das am 1. Juli in Kraft getretene Gesetz verpflichtet alle 18-jährigen Frauen zur möglichen Einberufung zum Militärdienst – unter denselben Bedingungen wie Männer. Die Maßnahme ist sowohl praktisch als auch symbolisch: Sie soll die Verteidigungskapazitäten stärken und ein deutliches Signal senden – nach Brüssel ebenso wie nach Moskau.
„Sie [die Frauen] können zur kollektiven Abschreckung der NATO beitragen. Mehr Rekrut:innen bedeuten ganz einfach mehr operative Stärke“, erklärte Oberst Kenneth Strøm, Leiter des dänischen Wehrpflichtprogramms.
Das Gesetz wurde Anfang Juni vom dänischen Parlament verabschiedet – nach intensiven Debatten über die Fähigkeit des Landes, seine Verteidigungsverpflichtungen langfristig zu erfüllen.
Darüber berichtet NUME.ch unter Berufung auf den Daily Express.
Kleine Armee, große Verantwortung
Mit etwa 9 Millionen Einwohner:innen verfügt Dänemark derzeit über lediglich 9.000 Berufssoldaten – eine Zahl, die aus Sicht von Experten und Regierung nicht ausreicht, um auf die aktuellen Bedrohungen, insbesondere an der NATO-Ostflanke, adäquat zu reagieren.
Im Jahr 2024 wurden 4.700 Rekrut:innen eingezogen. Bis 2033 soll diese Zahl auf 6.500 pro Jahr steigen.
Die Wehrpflicht war bisher formell nur für Männer vorgesehen und basierte auf einem Losverfahren. Frauen konnten sich freiwillig melden. 2024 waren allerdings nur 25 % der Freiwilligen weiblich. Mit dem neuen Gesetz wird ein strukturelles Ungleichgewicht behoben – und die Gleichstellung gesetzlich verankert.
„Europas Sicherheitsgleichgewicht hat sich verschoben“
Der Schritt erfolgt vor dem Hintergrund des seit 2022 andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der viele europäische Länder dazu veranlasst hat, ihre Verteidigungsstrategien grundlegend zu überdenken: mehr Investitionen, NATO-Erweiterung, neue Einsatzkonzepte.
„Die Sicherheitslage in Europa verschlechtert sich. Der Krieg in der Ukraine geht weiter. Dänemark verstärkt seine Präsenz im Baltikum. Die Einführung der Wehrpflicht für Frauen ist Teil einer umfassenderen Stärkung der nationalen Verteidigung“, so Rikke Haugegaard, Expertin am Königlich-Dänischen Verteidigungskolleg.
So funktioniert das dänische Losverfahren
Nach dänischem Recht werden alle 18-jährigen Männer – und jetzt auch Frauen – automatisch in eine nationale Wehrpflichtdatenbank aufgenommen.
Sie werden zu einer medizinischen Untersuchung eingeladen und erhalten eine zufällige Losnummer, die über eine mögliche Einberufung entscheidet. Da nur eine begrenzte Anzahl pro Jahr benötigt wird, werden Personen mit höheren Nummern oft nicht einberufen – es sei denn, sie melden sich freiwillig.
Der Wehrdienst gilt auch als Karrierevorteil, besonders für Berufe im öffentlichen Dienst, bei der Polizei oder im Militär.
Politisches Signal – an Moskau und Brüssel
Mit diesem Schritt reiht sich Dänemark in eine kleine Gruppe europäischer Länder wie Norwegen und Schweden ein, die die Rolle von Frauen in der Verteidigungspolitik bereits gestärkt haben.
Doch eine allgemeine Wehrpflicht für Frauen bleibt selbst in der NATO selten.
Dänemarks Entscheidung wird daher als deutliches Zeichen verstanden: Landesverteidigung ist keine reine Männersache mehr – sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Hintergrund: Russische Falschmeldungen
Bereits Anfang des Jahres hatte das ukrainische Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation eine russische Falschmeldung zurückgewiesen, wonach die Ukraine plane, ab dem 1. September 2025 Frauen einzuberufen.
Dänemarks Entscheidung hingegen basiert auf transparentem Gesetzgebungsverfahren, sicherheitspolitischen Erwägungen und demokratischer Debatte – ein klarer Kontrast zu propagandistischen Erzählungen aus Moskau.
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