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Die Entscheidung von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, US-Präsident Donald Trump nicht persönlich in Schottland zu treffen, war ein Fehler mit potenziell milliardenschweren Folgen. Dies meint Thomas Borer, ehemaliger Schweizer Botschafter in Deutschland. Die 39 % US-Strafzölle auf Schweizer Exporte hätten seiner Einschätzung nach mit frühzeitiger persönlicher Diplomatie vermieden werden können. Darüber berichtet nume.ch unter Berufung auf Compakt.de.

Eine Frage des Timings – und der Taktik

Bereits Anfang April habe die Schweiz intensiv an einer Einigung mit den USA gearbeitet. Man sei laut Borer überzeugt gewesen, sich „auf dem richtigen Weg“ zu befinden. Doch nach erfolgreichen Abkommen der USA mit der EU und Japan sei das Schweizer Anliegen ins diplomatische Abseits geraten. „Trump hätte ein frühes Abkommen mit der Schweiz als persönlichen Erfolg vermarkten können“, meint der Diplomat. Stattdessen sei Bern davon ausgegangen, dass ministerielle Zusagen auch in Washington gelten – ein Trugschluss, wie sich nun zeigt.

Trump verlangt direkte Verhandlungen – keine Bürokratie

Donald Trump sei laut Borer kein gewöhnlicher Politiker: Er wolle stets selbst verhandeln und als Sieger hervorgehen. Die Vorstellung, dass diplomatische Standards automatisch zur Annahme eines Deals führen, sei mit einem Präsidenten wie Trump naiv. Laut Watson sei Trump beim Telefongespräch mit Keller-Sutter schlecht gelaunt gewesen – schlechte US-Arbeitsmarktdaten sollen der Auslöser gewesen sein. Borer kommentiert: „Wenn man sich nicht persönlich kennt, sind Videogespräche heikel. Vor Ort hätte man seine Stimmung besser einschätzen können.“

© KEYSTONE

Konkrete diplomatische Versäumnisse: Was fehlte?

Ein erfahrener Verhandler hätte laut Borer bei dem Telefonat aktiv nach Trumps Erwartungen gefragt. Es sei versäumt worden, konkrete Zugeständnisse abzufragen, die nun Grundlage für Verhandlungen hätten sein können. Heute tappe man weitgehend im Dunkeln. Zudem sei es ein Fehler gewesen, nicht früher hochrangige Gespräche anzusetzen. Eine Delegation unter Leitung von Staatssekretärin Helene Budliger Artieda hätte bereits am Sonntag nach Washington reisen müssen – nicht erst am Montag.

Konkrete diplomatische Versäumnisse: Was fehlte?

VersäumnisEmpfohlene Reaktion
Kein persönliches Treffen mit TrumpBesuch in Schottland im Juli nachholen
Keine aktiven Nachfragen zu US-ForderungenKonkrete US-Erwartungen abklären
Delegation reist verspätetFrüher Einsatz der Chefverhandler
Ignazio Cassis nicht involviertDirekter Kontakt mit US-Außenminister aufnehmen
Mangelnde politische EskalationTreffen Trump-Keller-Sutter oder mit Parmelin anstreben

Was jetzt nötig ist: Empfehlungen des Ex-Botschafters

Borer fordert ein Umdenken: Die Schweiz müsse sich bewegen – auch mit unkonventionellen Mitteln. Dazu gehören milliardenschwere Zugeständnisse bei Rüstungsgeschäften, Öl- und Gasimporten sowie in der Landwirtschaft. Besonders Letzteres sei Trump politisch wichtig, um seine ländliche Wählerschaft zu bedienen. Sogar die Einbindung des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino sieht Borer nicht als abwegig: „Infantino versteht sich mit Trump. Wenn er mit Budliger auftauchte, könnte ein 15-Minuten-Gespräch schnell zu einer Stunde werden.“

Pharma, Agrar, Energie – Trumps Bedingungen sind klar

Die US-Regierung fordert laut Borer eine drastische Senkung der Medikamentenpreise, was auch Schweizer Pharmariesen wie Roche und Novartis betrifft. Ob die Schweiz dem zustimmen solle? „Trump wird diese Maßnahme ohnehin durchsetzen. Wenn das ein Preis für ein Handelsabkommen ist, sollte Bern es in Betracht ziehen.“ Ein weiterer zentraler Punkt sei der Einbezug von Agrarprodukten – analog zum Abkommen mit Japan – als Symbolerfolg für Trump.

Diplomatische Realität mit Donald Trump

Der diplomatische Umgang mit Trump verlange neue Strategien. Klassische Abläufe seien nur begrenzt wirksam. Wichtig sei laut Borer ein entschlossener, flexibler und dialogorientierter Kurs:

Diplomatische Realität mit Donald Trump

  • Persönliche Treffen statt Videokonferenzen
  • Frühzeitige, groß angelegte Angebote unterbreiten
  • Symbolische Erfolge für Trump ermöglichen
  • Enge politische Begleitung durch höchste Amtsträger
  • Notfalls externe Vermittler (z. B. Infantino) einbinden

Bleiben Sie informiert – Relevantes. Jeden Tag. Lesen Sie, worum es heute wirklich geht: Die Schweiz und die neuen US-Zölle: Eine „konstruktive Lösung“ gesucht

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