Heute, am 30. Oktober 2025, begeht die Schweiz den Weltspartag – einen der ältesten internationalen Finanzaktionstage. Was 1924 auf dem Internationalen Sparkassenkongress in Mailand begann, ist heute ein Symbol für finanzielle Bildung, Eigenverantwortung und wirtschaftliche Stabilität. In Zeiten von Inflation, unsicheren Kapitalmärkten und digitaler Transformation ist der Gedanke des bewussten Umgangs mit Geld aktueller denn je. Darüber berichtet die Redaktion nume.ch unter Berufung auf Daten der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der OECD und aktueller Marktanalysen.
Ursprung des Weltspartags: Von Mailand bis Zürich
Der Weltspartag wurde 1924 von Delegierten aus 27 Staaten in Mailand beschlossen, um nach dem Ersten Weltkrieg das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen. Ein Jahr später – am 31. Oktober 1925 – wurde er erstmals weltweit gefeiert. In der Schweiz griffen Kantonalbanken, Raiffeisenbanken und Regionalbanken den Gedanken sofort auf. Ziel war es, das Sparen als soziale Tugend und wirtschaftliche Notwendigkeit zu vermitteln. In Schulen, Familien und Gemeinden wurde der Tag zu einem festen Bestandteil der Erziehung – als Symbol für Disziplin, Weitsicht und Stabilität.
Wie die Schweiz heute spart
Die Schweiz gehört weiterhin zu den sparfreudigsten Ländern Europas. Laut Daten der Schweizerischen Nationalbank (SNB, Stand 2025) liegt die durchschnittliche Sparquote privater Haushalte bei 18,3 Prozent des verfügbaren Einkommens – mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland (8,5 Prozent) und deutlich über dem OECD-Durchschnitt (11 Prozent).
Doch die Struktur des Sparens verändert sich rapide. Klassische Sparkonten verlieren an Bedeutung, während digitale Anlageformen, ETF-Sparpläne und nachhaltige Fonds zunehmen. Der Anteil von Schweizerinnen und Schweizern, die regelmäßig in Aktien oder Fonds investieren, ist laut UBS Investor Survey 2025 von 34 auf 47 Prozent gestiegen.
Die Gründe sind klar: höhere Inflation, wachsende Lebenshaltungskosten und die Suche nach langfristiger Stabilität. Laut Credit Suisse Global Wealth Report 2025 verfügen 10 Prozent der Schweizer Haushalte über rund 60 Prozent des Gesamtvermögens – ein weiterer Faktor, der finanzielle Bildung und Eigenverantwortung dringender macht.
Fünf häufige Sparfehler in der Schweiz

Trotz der hohen Sparquote warnen Finanzexperten vor typischen Fehlentscheidungen:
- Zu hohe Bargeldreserven: Geld, das auf dem Konto liegt, verliert durch Inflation an Wert.
- Fehlende Diversifikation: Einseitige Investitionen, vor allem in Immobilien oder einzelne Fonds, erhöhen das Risiko.
- Kurzfristige Denkweise: Viele orientieren sich an Zinszyklen, statt an langfristigen Zielen.
- Vernachlässigung der Säule 3a: Private Altersvorsorge wird oft zu spät begonnen.
- Mangelnde Transparenz bei Gebühren: Viele Sparer unterschätzen die Kosten ihrer Bankprodukte.
Diese Fehler mindern die Rendite und verhindern nachhaltigen Vermögensaufbau. Laut Raiffeisen-Chefökonomin Tanja Schug ließe sich die durchschnittliche jährliche Rendite privater Anleger durch bessere Strukturierung um bis zu zwei Prozentpunkte erhöhen.
Der Weltspartag als Spiegel der Schweizer Finanzkultur
In der Schweiz wird der Weltspartag zunehmend als Bildungsanlass verstanden. Kantonalbanken, Raiffeisen und UBS organisieren landesweit Aktionen, Workshops und Familienveranstaltungen. In vielen Schulen findet in dieser Woche der Unterrichtsschwerpunkt „Finanzkompetenz im Alltag“ statt – ein Projekt, das seit 2021 von der Stiftung Finanzbildung Schweiz unterstützt wird.
Das Ziel: Kinder und Jugendliche sollen frühzeitig lernen, Verantwortung für Geld zu übernehmen. Pädagogische Studien der Universität Zürich zeigen, dass Jugendliche, die regelmäßig über Geld sprechen, im Erwachsenenalter ein doppelt so hohes Sparbewusstsein entwickeln.
Darüber hinaus wird der Weltspartag in der Schweiz oft mit gesellschaftlicher Verantwortung verknüpft: Nachhaltiges Investieren, bewusster Konsum und ethische Bankenmodelle rücken stärker in den Mittelpunkt.
Ökonomischer Kontext 2025
Die Schweiz steht 2025 vor denselben Herausforderungen wie ihre europäischen Nachbarn:
- Inflation: rund 2,6 Prozent laut SNB-Prognose.
- Wirtschaftswachstum: moderat bei 1,4 Prozent.
- Leitzins: 1,75 Prozent – damit bleibt Sparen wieder leicht attraktiv.
- Privatverschuldung: bei rund 128 Prozent des BIP – eine der höchsten Quoten Europas.
Diese Zahlen zeigen: Sparen allein reicht nicht. Entscheidend ist, Kapital produktiv einzusetzen, langfristige Strategien zu entwickeln und den Finanzsektor kritisch zu hinterfragen.
Wie Kinder und Erwachsene in der Schweiz den Umgang mit Geld lernen können
Sparen und bewusster Konsum beginnen mit klaren Routinen und praktischen Beispielen. Kinder und Erwachsene profitieren gleichermaßen von festen Strukturen, sichtbaren Zielen und einfachen Regeln. Wer Finanzen nicht als Zwang, sondern als Werkzeug für Freiheit begreift, baut langfristig Stabilität auf.
Praktische Tipps und Beispiele:
- Taschengeld-Regel für Kinder: Fünf Franken pro Woche für Grundschulkinder – aufgeteilt in drei Teile: sparen, ausgeben, spenden.
- Sparziel sichtbar machen: Kinder können auf einem Poster oder mit einer App ihr Ziel (z. B. neues Spielzeug oder Buch) grafisch darstellen.
- Familien-Finanzgespräche: Einmal im Monat gemeinsam über Ausgaben und Ersparnisse sprechen. So wird Geld kein Tabuthema.
- Haushaltsregel für Erwachsene: 10 % des Einkommens sparen, 20 % in Rücklagen oder Altersvorsorge investieren, 70 % für laufende Ausgaben nutzen.
- Digitale Helfer: Tools wie UBS key4, Raiffeisen E-Banking, Yuh App oder Neon Budget-Planer zeigen in Echtzeit, wohin das Geld fließt.
- Einkaufsplanung: Mahlzeiten wöchentlich planen, um Impulskäufe zu vermeiden – spart im Schnitt 12 % pro Monat.
- „Ausgabefreier Tag“: Ein Tag pro Woche ohne Konsum (kein Kaffee to go, kein Online-Shopping) trainiert Selbstdisziplin.
- Quartals-Check: Alle drei Monate Fixkosten prüfen – Abos, Versicherungen, Stromverträge.
- Finanzbildung spielerisch vermitteln: Kinder können mit Lernspielen wie FinanceMission Heroes oder MoneyFit by PostFinance wirtschaftliche Grundlagen üben.
- Kleine Belohnungen setzen: Wer ein Sparziel erreicht, darf sich etwas gönnen – positive Verstärkung wirkt nachhaltiger als Verzicht.
Studien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigen, dass Haushalte mit klaren Sparregeln und gemeinsamer Finanzkommunikation im Durchschnitt 2–3 Prozentpunkte höhere Sparquoten erzielen. Sparen ist damit keine Einschränkung, sondern eine bewusste Entscheidung für Sicherheit und Selbstbestimmung.
Der Weltspartag 2025 ist in der Schweiz weit mehr als eine symbolische Tradition. Er ist ein Prüfstein für den Umgang mit Geld, Bildung und sozialer Verantwortung. Während frühere Generationen Spardosen füllten, füllen heutige Sparer Portfolios und Vorsorgekonten. Doch die zentrale Botschaft bleibt unverändert: Finanzwissen ist die stabilste Währung.




