In Zürich sorgt ein Finanzpaket in Höhe von 350 Millionen Franken für intensive politische Debatten. Der Gemeinderat hat einem neuen Rahmenkredit zugestimmt, der den bisherigen Kredit aus dem Jahr 2015 ersetzen soll und den Ausbau des Velonetzes erheblich beschleunigen könnte. Ziel ist es, nicht nur kleinere Infrastrukturmaßnahmen, sondern auch aufwendige Brücken- und Tunnelbauten zu finanzieren, die die Stadt langfristig in eine moderne Velostadt verwandeln sollen. Darüber berichtet nume.ch unter Berufung auf tagesanzeiger.ch.
Bereits 2015 hatten die Stimmberechtigten einem Gegenvorschlag zur Velo-Initiative zugestimmt, der einen Rahmenkredit von 120 Millionen Franken vorsah. Dieses Geld durfte jedoch ausschließlich für kommunale Projekte eingesetzt werden, nicht aber für Massnahmen an Hauptstraßen. Da diese Einschränkung nach Ansicht der Stadt die Umsetzung eines durchgehenden Veloroutennetzes bremste, wurden bislang nur rund 20 Millionen Franken genutzt. Mit dem neuen, deutlich höheren Kredit soll dieses Hindernis beseitigt und die Planung vereinfacht werden.
Die Debatte im Gemeinderat nahm ungewöhnliche Züge an. Sandra Gallizzi (EVP) verglich die neue Vorlage mit einem Restaurantbesuch: «Man bestellt ein Schnipo, doch während der Teller noch fast voll ist, ordert man plötzlich ein Chateaubriand.» Sven Sobernheim (GLP) konterte mit der Gegenmetapher, das Volk habe zwar Pommes frites erhalten, warte aber noch immer auf das Schnitzel. Trotz dieser bildhaften Kritik waren sich viele einig, dass die Umsetzung stockt und eine klare Neuausrichtung nötig ist.
Von den 350 Millionen Franken sind 150 Millionen für sogenannte Kunstbauten vorgesehen – also Brücken und Unterführungen. Zu den prominentesten Projekten zählt die geplante Franca-Magnani-Brücke über das Gleisfeld, die die Stadtteile in den Kreisen 4 und 5 verbinden soll. Mit geschätzten Kosten von rund 80 Millionen Franken, an denen auch Kanton und Bund beteiligt sind, gilt sie als Schlüsselprojekt. Eine weitere Brücke über die Limmat vom Dammweg zur Limmatstrasse befindet sich derzeit in der Testplanung. Zudem sind Unterführungen in Altstetten und Seebach geplant, inklusive neuer Velostationen und unterirdischer Verbindungen.
Die restlichen Mittel verteilen sich auf den Ausbau des Basis-, Haupt- und Vorzugsnetzes (170 Millionen Franken) sowie auf Velostationen und Abstellplätze (30 Millionen Franken). Markus Knauss (Grüne) fasste die Perspektive der Befürworter so zusammen: «Velofahrenden ist es doch egal, welcher Richtplan wo eingetragen ist. Sie wollen einfach ein sicheres, attraktives und durchgehendes Netz.»
Gegenwind kam vor allem von FDP und SVP. Martina Zürcher (FDP) beantragte, den Kredit auf 100 Millionen Franken zu begrenzen. Man erkenne zwar die Notwendigkeit der Zweckänderung, wolle aber zunächst die bestehenden Mittel ausschöpfen, bevor man das Budget verdreieinhalbfache. Stephan Iten (SVP) kritisierte die Vorlage scharf: Der Rahmenkredit bringe «keinen Nutzen», da die geplanten Projekte ohnehin umgesetzt würden. Für ihn sei es entscheidend, am Volksentscheid von 2015 festzuhalten.
Am Ende setzte sich jedoch die Mehrheit durch: Mit 75 zu 43 Stimmen sprach sich der Gemeinderat für den neuen Rahmenkredit in Höhe von 350 Millionen Franken aus. Die Stimmbevölkerung wird voraussichtlich im November das letzte Wort haben – und entscheiden, ob Zürich künftig massiv in die Veloinfrastruktur investiert.
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